© Fotoweberei & Schloß Wernigerode GmbH

Gernrode mit dem Stubenberg

1828

Das Motiv

Dieser Malerblick vom Bückeberg hat sich im Vordergrund sehr verändert, aber die Berge sind noch da und auch der Pavillon auf dem Stubenberg, heute ein Hotel. Der Stubenberg zog vor allem die Menschen und damit auch die Maler an. Fürst Victor Friedrich von Anhalt Bernburg ließ dort 1754 ein Jagd- und Gasthaus errichten. Hierher in den Nordwestzipfel seiner kleinen Residenz konnte er von Ballenstedt aus zu Pferde in einer knappen Stunde gelangen. An diesem gar nicht hohen Punkte entzückten die Lage, die als Blickfang oder Point de Vue, den Wanderer auch von den benachbarten noch kahlen Hängen herbeilockte, und eine „himmlische Aussicht“ entweder nach Norden bis nach Magdeburg oder in die übrigen Richtungen in den Harz. Bald wurde dieser Punkt in allen Harzführern geschildert. Exklusive Genüsse lockten die Zeitgenossen auf den Stubenberg.

Diese Ansicht erschien 1828 in Braunschweig als Blatt 16 einer Folge von zwanzig lithographierten Harzmotiven. Gefertigt wurden sie in Berlin. In Braunschweig verfügte man noch nicht über die Technologie: nicht über die dicken Platten aus Solnhofener Kalkstein, entsprechende Pressen und vor allem gute Lithographen. Deshalb ließ man in Berlin bei der führenden Anstalt „Winckelmann und Söhne“ zeichnen und drucken.

Gernrode, Paetz
© Antiquariat Clemens Paulusch GmbH
Gustav Wilhelm Kraus nach Wilhelm Paetz

Künstler

1828

entstanden

Lithographie

27 x 34,5 cm aus: Blattfolge beim Kgl. Lith. Institut Berlin

Privatbesitz

...

Wandertipp

Diesmal ist der Standpunkt des Malerblicks nicht so leicht zu finden.
Variante 1: Sie nutzen die Radrundroute vom Osterteich Gernrode über Ballenstedt und Quedlinburg, denn die führt direkt an der Aussicht am Hang des Bückebergs vorbei.
Variante 2: Wer unten entlang der Straße von Gernrode nach Suderode radelt, kommt am Hungerstein von 1846/47 vorbei. Der gemahnt daran, welch schwierige Zeiten damals herrschten; wegen Missernten 1846 und 1847 kam es im Frühjahr 1848 zu den bekannten revolutionären Unruhen. Wer hier in den nahegelegenen Baumschulenweg einbiegt und sich dann an der Hangkante rechts hält, kann den Maler-Standort nicht verfehlen.

Über den Künstler

Wilhelm Paetz (1800-1856) stammte aus Braunschweig, und als Mittzwanziger verdiente er sich als Zeichner für die Schenksche Buchhandlung seiner Heimatstadt etwas Geld mit dem Zeichnen von Ansichten. Dann erst, Mitte Dreißig, ging er für einige Jahre an die Düsseldorfer Akademie. 1841 wurde er vom Fürsten Georg Wilhelm zu Schaumburg-Lippe als Zeichenlehrer an das Gymnasium Adolphinum nach Bückeburg berufen. Immer wieder erstaunlich, wie mobil die Maler waren und unklar meist, wie die Kommunikation funktionierte. Sie reckten sicher nicht einfach die Nase in den Wind auf der Suche nach neuen Motiven, interessanten Lehrern, nach Auftraggebern oder gar einer Anstellung.

Zum Vergleich

Anonym, Gernrode von Norden, um 1830, Öl auf Metall, 14 x 20 cm, Koller Auktionen

Gernrode von Norden, Anonym
©  www.kollerauktionen.ch

Nicht jedes Gemälde ist vor der Natur entstanden. Maler lernten von den Bildern anderer und nutzten die auch gern als Inspiration oder Vorlage. Mitunter lassen sich kleine Abmal-Ketten fädeln und meist variieren die Maler beim Abmalen ein wenig, vor allem in der Staffage. Hier lohnt es diese Malerei mit der Lithographie zu vergleichen. Durch Beobachtung ist herauszufinden, dass die Malerei nach der Lithographie entstanden ist.

Christian Friedrich Gille, Stubenberg von Norden, um 1870, Aquarell auf festem rötlichem Tonpapier, 20,5 x 22,5 cm, Privatbesitz, ehemals Dr. Peter Posse, Dessau

Christian Friedrich Gille, Stubenberg von Norden
© www.veryimportantlot.com

Christian Friedrich Gille wurde 1805 in Ballenstedt geboren, er war in Dresden ein Schüler vor allem von Johan Clausen Dahl, dem bekannten Norweger, der mit Caspar David Friedrich in Dresden im selben Haus mit der Adresse An der Elbe 33 wohnte. Hunderte von Gilles großartigen Ölskizzen haben sich erhalten. Zu Lebzeiten aber war er unbekannt, starb völlig verarmt und wird erst in den letzten Jahren entdeckt. Dass er häufiger im Harz war, ist naheliegend, denn er stammte aus Ballenstedt. Aber das bedarf noch einer Spurensuche. Das späte Aquarell vom Stubenberg ist dafür ein Puzzlestein.