Beruflich spielten Tiere im Leben von Unternehmensgründer Uwe Thielecke und dessen Frau Susann schon immer eine große Rolle, ganz besonders die Kuh Elsa. In ihrem Ausbildungsbetrieb im altmärkischen Lichterfelde, wo sich die beiden kennenlernten, standen in den Ställen 800 schwarz-weiße Milchkühe und eine einzige braune Kuh. Angelehnt an den legendären Sketch von Dieter Hallervorden tauften die Lehrlinge den Außenseiter "Elsa". Ein Jahrzehnt später schenkte Susann ihrem Uwe zu dessen 30. Geburtstag ein braunes Kälbchen – eine Elsa natürlich, ein schönes Exemplar der Rasse Rotes Höhenvieh – und die Geschichte nahm ihren Lauf.
Knapp zwanzig Jahre später fühlen sich bei Thieleckes über 500 dieser Rinder pudelwohl, davon 170 Mutterkühe und zehn Zuchtbullen. Als wir gemeinsam mit Susann Thielecke an den fünf Winterställen im Nachbarort eintreffen, beendet Tochter Sarah gerade die heutigen Stallarbeiten und streichelt einem halbwüchsigen Kalb über die Schnauze. Der Nachwuchs bleibt bis zu acht Monate bei der Mutter. "Wir betreiben hier eine sogenannte Mutterkuhhaltung", erzählt uns die junge Landwirtin, warm eingepackt in grünem Overall, Gummistiefel und Wollmütze. "Die Bullen leben etwa acht Wochen bei den Kühen und sorgen für Nachwuchs, ganz auf natürlichem Weg, noch mit Liebe in den Augen."
In den offenen Anlagen an einem sanften Südhang mit Almcharakter fühlen sich die Rinder sichtlich wohl. Es gibt keine Klimaanlage und Heizung. Kein Kraftfutter. Als Bewohner eines zertifizierten Bio-Hofs kommen Thieleckes Rinder ohne prophylaktische Antibiotikagaben aus. "Medikamente erhalten nur erkrankte Tiere, zum Beispiel bei einer bakteriellen Infektion", erklärt Susann Thielecke. Um Krankheiten festzustellen, beobachten die Brockenbauern ihre Tiere und wiegen sie regelmäßig. Dies geschieht auch mit den etwa 50 Schweinen, die den Tierbestand ergänzen, damit der hauseigene Fleischermeister Marvin Freystein, Sarahs Lebenspartner, das zur Wurstherstellung nötige Schweinefleisch nicht mehr hinzukaufen muss. Auch hier entschieden sie sich für seltene, vom Aussterben bedrohte Haustierrassen, wie das Angler Sattelschwein und das Leicoma. Leicoma? "Ein Kunstname, der sich aus den Namen der Städte Leipzig, Cottbus und Magdeburg zusammensetzt", klärt uns Susann Thielecke auf. "Die ursprüngliche DDR-Züchtung vereint überwiegend Duroc und Deutsche Landrasse." Ganz frische Leicoma-Ferkel wuseln unentwegt in mehreren neuerdings raubtiergesicherten Stallabteilungen umher. Nächtlicher Fuchsbesuch hatte kürzlich für helle Aufregung gesorgt!
Aufregend war auch der 1. Juni 1985, als die Ilsenburgerin Susann und der aus dem Bördedorf Bornstädt stammende Uwe im Wernigeröder Rathaus heirateten – kurz bevor ihre Zwillinge Julia und Sarah zur Welt kamen. Nach der Ausbildung zum "Zootechniker/Mechanisator mit Abitur" studierte das Ehepaar in Leipzig Tierproduktion. Einen geordneten Abschluss wusste die Wende zu verhindern. Nach der deutschen Wiedervereinigung folgten unruhige Zeiten auf der Suche nach neuen beruflichen wie privaten Perspektiven. Er ließ sich zum Maurer ausbilden, begann ein Architekturstudium an der Universität in Hildesheim und arbeitete als Melker in einer Agrargenossenschaft in Veckenstedt, während die junge Familie nun in Ilsenburg wohnte. Sie wurde Pharma-Referentin für Humanmedizin bei einem führenden deutschen Konzern und berät bis heute Ärzte und Apotheker vom Ostharz bis weit in den Magdeburger Raum hinein.